270.000 falsche Hartz-IV-Bescheide 2009 

Deutschlands Behörden haben im vergangenen Jahr 267.612 falsche Hartz-IV Bescheide an Hilfebedürftige ausgestellt. Der Dezember 2009 ist bei diesen Zahlen noch nicht einmal berücksichtigt. Das berichtet das Verbrauchermagazin "Report Mainz" in seiner heutigen Ausgabe (21.45 Uhr, ARD).

Die falschen Bescheide mussten in Widerspruchsverfahren korrigiert werden. Das räumt eine Sprecherin der Bundesarbeitsagentur (BA) gegenüber "Report Mainz" ein. Mehr als jeder dritte Widerspruch war erfolgreich, 36,4 Prozent von 735.200 Widerspruchsverfahren insgesamt. Im Durchschnitt dauerte die Bearbeitung der Widersprüche 2,9 Monate.

Probleme wegen schwieriger Personalsituation

Heinrich Alt, Vorstand für Grundsicherung in der BA, führt die Probleme unter anderem auf die schwierige Personalsituation in den ARGEN zurück: "Wir haben erhebliche Qualifikationsdefizite, die noch verschärft werden durch eine hohe Personalfluktuation in unseren Arbeitsgemeinschaften."

"Erstaunt, dass so wenig Fehler passieren"

Dem Magazin zufolge klagen Geschäftsführer von ARGEN bzw. Jobcentern über unzureichend ausgebildetes Personal. Rainer Radloff, Geschäftsführer der ARGE Bielefeld: "Angesichts der Personalsituation, die wir vorfinden und der Arbeitsbedingungen, die wir bieten können, muss ich sagen, dass ich eher noch erstaunt bin, dass so wenig Fehler passieren." Aus- und Fortbildung sei nicht im erforderlichen Umfang vorgesehen und bei der täglichen Arbeitsbelastung kaum möglich. Zudem fehle es an Trainern und Schulungsräumen. Weiterbildung sei im System "nicht vorgesehen", so eine der Kursleiterinnen.

Personalchaos in den Ämtern

Professor Stefan Sell, Arbeitsmarktexperte an der FH Remagen, kritisiert "ein Personalchaos" in den ARGEN bzw. Jobcentern: "Personalchaos deswegen, weil man eine neue Behörde aufbauen musste in einer Situation, in der ein völlig neues Gesetz eingeführt wurde und diese neue Behörde wurde mit Leuten zusammengewürfelt, die häufig oder im Regelfall überhaupt nicht über das Fachwissen verfügten, was man aber braucht, um so eine hochkomplexe Rechtsmaterie wie das SGB II umsetzen zu können."

Viele Mitarbeiter der Hartz IV-Ämter waren nach Informationen von "Report Mainz" zuvor zum Beispiel bei Friedhofs- oder Gartenbauämtern beschäftigt, bei der Telekom oder als Hausmeister.