Kündigungswelle: Bausparkassen räumen auf 

Kündigungswelle: Bausparkassen räumen auf

Derzeit kündigen Bausparkassen ihren Kunden die Verträge. Banktip informiert, was genau dahinter steckt und wie Kunden darauf reagieren sollten.

Viele Bausparkassen kündigen derzeit die Altverträge. Betroffen sind Kunden, die für ihre Einlagen noch Zinsen von drei bis fünf Prozent erhalten. Auch kündigen die Bausparkassen Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind oder das dazugehörige Bauspardarlehen von den Bausparern noch nicht in Anspruch genommen worden ist. Ein Grund ist die fortlaufende Zinssenkung. Vor zwei Jahren haben die Umlaufrendite von öffentlichen Anleihen in Deutschland noch bei 1,20 Prozent betragen. Diese sind jedoch durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank auf knapp 0,40 Prozent gesunken.

Damit die Bausparkassen die Altverträge kündigen können, beziehen sich die Kassen auf das Kündigungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach diesem Gesetzbuch haben Kreditnehmer den Anspruch, einen Vertrag nach zehn Jahren zu kündigen. Weiterhin berufen sich die Bausparkassen auf ein Urteil des Landgerichtes Mainz (Az. 5 O 1/14). Der Richter entschied in diesem Fall, dass das Ziel des Bausparens sei, einen niedrigverzinsten Kredit in Anspruch zu nehmen. Demnach sei das Bausparen keine hochverzinsliche Geldanlage.

Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kritisiert Kündigungen


Die Verbraucherschützer sehen jedoch kein Kündigungsrecht von Seiten der Bausparkassen in dem Gesetzestext des Bürgerlichen Gesetzbuches. Auf Nachfrage von Banktip heißt von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: "Nach unserer Auffassung ist das Kündigungsrecht des § 489 Absatz 1, Nummer 2 nicht auf laufende Bausparverträge anwendbar, aus denen der Kunde noch ein Recht auf ein Darlehen ableiten kann. Für diese Darlehens­option haben die Kunden bei Vertragsunterzeichnung eine Abschlussgebühr bezahlt und über viele Jahre auf hohe Guthabenzinsen verzichtet. Aufgrund der typischen Besonderheiten des Bausparvertrags handelt es sich nicht um ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse."

Bausparkassen beharren auf ihr Recht


Die Bausparkasse BHW gehört zu den Instituten, die Altkunden die Verträge kündigen. Nach Angaben der BHW betrifft dies jedoch nur 25.000 Kunden bei einem Bestand von 3,7 Millionen Verträgen. Als Begründung gibt die BHW gegenüber Banktip das aktuelle Niedrigzinsniveau an. "Das Niedrigzinsumfeld stellt für die gesamte Branche eine große Herausforderung dar. Die BHW Bausparkasse hat mit der Anpassung ihrer Tarife bereits frühzeitig begonnen und hält seit Anfang 2014 ein vollständig auf das aktuelle Zinsumfeld ausgerichtetes Produktangebot für ihre Kunden bereit."

"Demgegenüber werden Altverträge mit deutlich höheren Einlagezinsen von vielen Kunden ausschließlich als Anlageprodukt genutzt. Das widerspricht dem eigentlichen Zweck des Bausparens, ein zinsgünstiges Baudarlehen zu erhalten. Die BHW Bausparkasse kündigt daher - wie andere Bausparkassen auch - Verträge, die den Zweck des Bausparens nicht mehr erfüllen können", heißt es von einem Pressesprecher der Bausparkasse.“

Auf Nachfrage von Banktip bietet jedoch die BHW den betroffenen Kunden Alternativen an. "Wir bieten unseren Kunden ein Gespräch über die weitere Nutzung ihres Bausparvertrages an. Besteht z.B. eine konkrete Finanzierungs­absicht, können das Guthaben und der eventuell vorhandene Darlehens­anspruch zum Bau, zum Kauf oder zur Modernisierung einer Immobilie eingesetzt werden. Auch kann bei einer nicht sofort anstehenden Finanzierung ein Wechsel in eines unserer neuen Produkte eine für den Kunden vorteilhafte Variante sein. Was im Einzelfall passt, hängt jedoch von der individuellen Situation eines Kunden und seinen Wünschen ab und kann nach unseren Erfahrungen am besten im Rahmen einer Beratung geklärt werden."

LBS kündigt ebenfalls Verträge


Von der Kündigungswelle sind auch Kunden der Landesbausparkassen (LBS) betroffen. Auch hier bezieht sich das Unternehmen auf das Bürgerliche Gesetzbuch und dem Urteil des Landgerichtes Mainz. "Durch die Nullzinspolitik der EZB sind alle Finanzdienstleister und damit auch die Bausparkassen (die zu keinem Zeitpunkt Auslöser oder Beteiligte an der Kapitalmarktkrise waren) gezwungen, zu reagieren. Dabei kündigen auch die Landesbausparkassen zuteilungsreife Altverträge, bei denen Bausparer in der Niedrigzinsphase den attraktiven Guthabenzins möglichst lange nutzen wollen, ohne das eigentliche Ziel des Bausparens, die Inanspruchnahme des Darlehens, zu verfolgen. Aus Sicht der einzelnen Kunden ist dieses Verhalten verständlich. Aus Sicht der Gemeinschaft der Bausparer muss die Bausparkasse aber eingreifen, um die Funktionsfähigkeit des Bausparsystems zu gewährleisten", heißt es von einem Sprecher der LBS.

Nach Angaben der LBS halte es sich – ähnlich wie bei der BHW – mit den Kündigungen im Rahmen. Auf Nachfrage von Banktip erklärt die LBS weiter: "Die Zahl der gekündigten Bausparverträge ist gemessen am gesamten Vertragsbestand der Landesbausparkassen sehr gering; ihr Anteil beträgt weniger als 1 Prozent. Von den Kündigungen ist also nur ein Bruchteil der Kunden betroffen. Die von den Kündigungen betroffenen Bausparer haben im Durchschnitt bereits über 20 Jahre lang eine für heutige Verhältnisse hohe Sparverzinsung erhalten. Diese lange Sparphase ist für das Bausparen absolut untypisch und mit dem Ursprungsgedanken des Bausparsystems angesichts der Nullzinspolitik der EZB nicht vereinbar."

Schwäbisch Hall sympathisiert mit den Maßnahmen


Kunden der Bausparkasse Schwäbisch Hall sind von den Kündigungen laut Unternehmensangaben noch nicht betroffen. Auf Nachfrage von Banktip seien auch derzeitige Aktionen nicht geplant. Jedoch schließt die Bausparkasse zukünftige Kündigungen von zuteilungsreifen, hochverzinslichen Verträgen nicht aus. "Bislang zahlt sich aus, dass wir bei unseren Tarifen stets die Finanzierung von Wohneigentum im Blick hatten und nicht die höchste Rendite. Grundsätzlich machen Hochzinsverträge mit über 3,5 Prozent Zinsen bei uns  ca. 1,7 Prozent der Verträge aus. Die Durchschnittsverzinsung über alle Verträge hinweg liegt bei rund 1,6 Prozent", heißt es von Unternehmensseite. Jedoch solidarisiert sich die Bausparkasse mit den anderen Unternehmen. "Trotzdem verstehen wir die Beweggründe, die hinter diesen Kündigungen stehen. Bausparen kombiniert den Vermögensaufbau durch das Ansparen und ein späteres Darlehen zum Kauf oder der Renovierung einer Immobilie. Wo diese Kombination ins Ungleichgewicht gerät und einseitige Renditeoptimierung durch einzelne Bausparer betrieben wird, muss ein Institut im Interesse seiner übrigen Kunden handeln."

Kunden sollten nicht voreilig handeln


Banktip rät betroffenen Kunden, sich zunächst gründlichst über die Alternativangebote der Bausparkassen zu informieren. Die Auszahlung des Guthabens ist in der derzeitigen Niedrigzinsphase wenig lukrativ. Über den Festgeldrechner von Banktip können Verbraucher die aktuellen Angebote der Kreditinstitute vergleichen. Ob die Inanspruchnahme des Darlehens besser für den Verbraucher ist, muss individuell betrachtet werden. Über den Kreditrechner von Banktip können die aktuellen Zinsen für Kredite in Erfahrung gebracht werden.

Solange es keine höchstrichterliche Entscheidung in dem Fall gibt, sollten betroffene Bausparer den Gang zu den Verbraucherzentralen nicht scheuen. Welche Möglichkeiten der Wohnungsbaufinanzierung es gibt, erklärt Banktip hier. Weiterhin gibt es staatliche Zuschüsse für Häuslebauer. Das Wichtigste zu Wohnriester erklärt Banktip in dem dazugehörigen Ratgeber.

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